Über die Symbiose von Ratten und sinkenden Schiffen

Ohne das geflügelte Wort auf konkrete Personen der Bundes- oder Landespolitik übertragen zu wollen, fällt doch auf, dass es offenbar kaum noch integre, begabte, kluge, umsichtige, brillante, eigenständige Persönlichkeiten in der deutschen Politik gibt. Opportunisten, Depressive und Moralisten haben längst das sinkende Schiff „Deutschland“ verlassen. Die verbliebene Politikerkaste ähnelt dem Orchester auf der Titanic: Man spielt weiter, während das Schiff sinkt.
Politik, Parteien und Politiker werden vom Volk immer weniger als Lösung betrachtet, sondern zunehmend als Problem. Die einzige Vision der Regierenden ist scheinbar die des eigenen Machterhalts. Aktuelles Beispiel ist das Gekungel um den Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Nicht zählt, wer das deutsche Volk am besten – und am besten überparteilich – vertreten könnte, sondern einzig, aus welchem Stall er kommt.

Der Vertrauensverlust für die Politik war noch nie so groß wie heute. Die politischen Parteien regieren am Willen des Volkes vorbei und scheren sich nicht einmal mehr um eigene Wahlversprechen – ein Westerwelle zum Beispiel müsste, wenn er ein Gramm Selbstachtung hätte, schon längst zurückgetreten sein. Ein zu Guttenberg müsste, wenn er ein Gramm Integrität hätte, schon längst sein Amt zur Disposition gestellt haben. Ein Schäuble müsste nicht nur angesichts seines Alters und schlechten Gesundheitszustands, sondern auch wegen seiner Aussagen zum Beispiel zum Spitzensteuersatz schon lange seinen Abschied eingereicht haben. Die Liste ließe sich beliebig durch alle Positionen und Parteien fortsetzen.

Die schäbige und inzwischen volltransparente Einflussnahme von Wirtschaftsinteressen auf die politischen Machthaber manifestiert sich nicht nur an der geplanten Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und der Rechtfertigung des Afghanistankriegs. Und die Missachtung der Bürger manifestiert sich nicht nur an der Reduzierung staatlicher Unterstützung Schwacher und Hilfsbedürftiger.

Richard David Precht schreibt in seinem Artikel in DIE ZEIT vom 10. Juni 2010:

„Wir wissen nicht, wielange es noch Parteien in Deutschland gibt, aber allesamt arbeiten sie ungebremst an ihrem Verschwinden.“

Nein, diese Regierung besitzt das Vertrauen der Mehrheit des Volkes nicht mehr. Ein letztes Zeichen von Anstand und Respekt gegenüber dem deutschen Volke bestände darin, dass diese Regierung geschlossen zurücktritt – bevor es der entnervte gelbe Koalitionspartner tut. Aber nicht einmal dazu hat sie das Zeug.

Wir schließen uns den letzten Zeilen des Beitrags von Precht an:
„Wie lange noch lassen sich die Menschen in diesem Land gefallen, dass man sie nicht mehr ernst nimmt?“

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