Neoliberales Missverständnis

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass die derzeitige Ermittlung des Hartz IV-Satzes nicht verfassungsgemäß ist, soll Außenminister Guido Westerwelle so kommentiert haben (SZ 12. Februar 2010):

„Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“

Ja, er will im Karlsruher Urteil gar „sozialistische Züge“ erkannt haben.
Dabei hat das Verfassungsgericht gar nicht die Höhe der Regelsätze kritisiert, sondern lediglich die Art und Weise deren Ermittlung. Doch selbst wenn zukünftig für die Speisung der Armen fünf Euro monatlich mehr ausgezahlt werden sollten, sind die „Empfänger“ noch Lichtjahre davon entfernt, am „Wohlstand“ der Nation partizipieren zu können.

Das hätte man eher vor drei Wochen beobachten können, als Kanzlerin Angela Merkel im Berliner Restaurant Borchardt versucht hatte, zwischen CSU-Chef Horst Seehofer und Westerwelle Frieden zu stiften. Den Deckel, der den monatlichen Regelsatz eines Hartz IV-Empfängers vermutlich weit überschritten hat, würde der Bund Steuerzahler sicher gerne einmal einsehen.

Einmal mehr verwechselt Westerwelle Opfer und Täter. Selbst ausgewiesene Fachleute würden einem Hartz IV-Empfänger niemals attestieren, mit seiner Alimentation aus Aldi-Einkäufen und Suppenküchen dekadente Orgien feiern zu können. Dies stand bzw. steht nachweislich und gerichtsnotorisch nur dem Erfinder der Hartz IV-Reform und seinen Adepten zu.

Nein, auch dieser Betrag des FDP-Mannes war wenig qualifiziert – wie auch die Reaktionen in und um Berlin zeigen – und erinnert trotz 48 Lebensjahren eher an spätpubertierendes Geblöke.

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