Kirchensteuer

Mit Erreichen der Volljährigkeit (einst 21 Lebensjahre) bin ich aus der evangelischen Kirche, in der meine Eltern mich taufen und konformieren ließen, ausgetreten.

Da ich gerade mein Abitur bestanden hatte und mich auf das Studium vorbereitete, geschah dies nicht aus pekuniären Gründen, sondern einzig aus der Überzeugung, dass das christliche Glaubensangebot nicht meinen Vorstellungen und Bedürfnissen entsprach.

Dass ich dann später im Berufsleben keine Kirchsteuer zahlen musste war eine logische Konsequenz.

Nach meinem Wissen ist Deutschland das einzige Land, in dem der Staat für die katholische und evangelische Kirche eine „Kirchensteuer“ (jawohl: Steuer!) eintreibt. Die Kirchen aller anderen Nationen finanzieren sich offenbar durch (freiwillige) Spenden ihrer Mitglieder.

Zur Zeit ist eine Debatte um die Kirchensteuer entbrannt. Doch dreht sich diese nicht allein um den schnöden Mammon, sondern vielmehr um die interessante Frage, ob mit dem Verlassen der Kirche im meldeamtlichen Sinne auch gleichzeitig zwangsläufig eine Exkommunikation verbunden sein muss.

Man lese und staune: Es war offenbar Benedikt XVI., der sich in einem Rundschreiben im Jahre 2006 gegen diesen Automatismus gewandt hat. Die bloße Weiterreichung der Meldung von Staat an Kirche über den Austritt gebe keinen Aufschluss darüber, wie der Austritt zu verstehen sei, ob ihm wirklich ein innerer Bruch mit der Kirche zugrunde liege oder eben nicht.

„Wer weder den Glauben als Ganzes ablegt oder einzelne Glaubenslehren bestreitet, noch sich von der Gemeinschaft der Kirche trennen will, braucht keine Kirchsteuer mehr zu bezahlen, bleibt aber lebendiges Mitglied der katholischen Kirche.“ Hamburger Initiativkreis „Vereinigung Hamburger Laien und Priester“ in SZ vom 14./15. November 2009).

Diese Tendenz scheint auf den ersten Blick widersprüchlich, denn zur Zeit kollabieren die Finanzen der Kirchen. Man rechnet mit 20% weniger Einnahmen aus Kirchsteuern im Jahre 2010. Die „Verluste“ der evangelischen Kirche sollen sich allein im Jahre 2009/2010 auf eine halbe Milliarde Euro belaufen.

Dem interessierten Zeitgeist ist auf den zweiten Blick klar, dass dieses aus der konservativen (!) Opposition stammende Argument einzig dem Zweck dient, möglichst viele Seelen zu retten, die sich angesichts der Wirtschaftkrise einen Glaubensbeitrag in Euro und Cent nicht mehr leisten wollen oder können.

Sowohl aus meinem Rechtsempfinden wie auch aus der gelebten Praxis erscheint mir die Abschaffung der Kirchensteuer längst überfällig – denn meine Frau muss als Mitglied der evangelischen Kirche ein sog. „Kirchgeld“ abführen, obwohl sie von ihrem eigenen Teilzeiteinkommen nicht „kirchensteuerpflichtig“ ist. Die Kirche hat sich in den vergangenen Jahren nämlich eine zusätzliche Einkommensquelle per „Kirchengesetz“ geschaffen, nach dem das Einkommen des aus der Kirche ausgetretenen Ehegatten dem Einkommen des in der Kirche verbliebenen Ehegatten hinzugerechntet wird! Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!

Aber gerecht war der Gott der Christen von Anbeginn an nicht, was dann ja auch gleich zum ersten verbürgten (Bruder-) Mord in Alten Testament führt.

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Eine Antwort zu Kirchensteuer

  1. Stefan Jost sagt:

    Deutschland nicht das einzige Land, in dem der Staat eine Kirchensteuer einzieht. In Österreich und auch bei uns in der Schweiz gibt es praktisch das gleiche System. Ich bin schon lange ausgetreten, aber ich finde das Kirchensteuer-System gut. Ein Grund ist, dass sich damit die Kirche das umständliche Betteln um Spenden ersparen kann. Und noch wichtiger finde ich, dass alle Einwohner klar bekennen müssen „ich bin dabei und zahle“ oder „ich trete aus“. Christ sein kann man auch ohne Kirche (die Kirchenstrukturen gab es ja zu Zeiten von Jesus Christus ohnehin noch nicht), und wenn sich die Kirche klar auf Abwegen befindet ist es besser es hagelt Kirchenaustritte, weil die Leute unter diesen Umständen ihr Geld der Kirche nicht mehr geben wollen.

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