Martin Walser zu Afghanistan

Devot kommt er daher mit seinem offenen Brief in DIE ZEIT an die Kanzlerin. Dabei weiß er doch von seinem spiritus rector in Weimar, dass Widerspruch und Schmeichelei beide ein schlechtes Gespräch machen.

Vielleicht ist aber nur fortiter in re – suaviter in modo sein Motto – oder sollte Martin Walser altersmilde geworden sein? Denn dies sind deutliche Worte gegen den weiteren Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan.

Dass Martin Walser nicht nur Schriftsteller deutscher Paarbefindlichkeit ist, sondern auch ein politischer Schriftsteller sein kann, hat er hin und wieder – zuletzt mit seinem umstrittenen Beitrag in der Frankfurter Paulskirche aus dem Jahre 1998 – bewiesen, auch wenn er expressis verbis kein (!) politischer Schriftsteller sein will.

Es ist gut, dass Schriftsteller wie Martin Walser oder Günter Grass sich auch politisch äußern, hat doch die Zahl in ihrer Zunft derer, die das tun, deutlich abgenommen, nicht erst seit dem Ableben von Heinrich Böll.

Doch mit „hochverehrte, liebe Frau Kanzlerin“ allein wird er’s nicht richten. Denn so lieb wie sie gerne tut, ist sie nun auch nicht nicht, die deutsche Kanzlerin. Als Vertreterin gesamtdeutscher Wirtschaftsinteressen und Systemgeschädigte gilt ihre unverbrüchliche Freundschaft den USA und deren Freiheitsstreben.

Von Anfang an hat sie sich zum Liebkind der US-amerikanischen Politik gemacht, ist gleich in die USA gejettet nach Gerhard Schröders „Nein“ zum Irakkrieg, um die „wahre“ deutsche Position deutlich zu machen. Nun kann sie selber entsenden und Tapferkeitsmedaillen verleihen.

Warum sollte die Kanzlerin auf einen alten deutschen Schriftsteller hören? Mit seinen guten Worten allein wird er wohl nichts erreichen – aber schaden kann es auch nicht. Und schön, dass sich wenigstens noch einer öffentlich gegen den Afghanistankrieg Deutschlands (ja, dort herrscht Krieg) ausspricht.

„Der Mensch irrt solang er strebt“ schrieb der Geheimrat – und auch Martin Walser weiß das. Der Unterschied zwischen Irrtum und Fehler ist ihm auch geläufig, weswegen er seinen offenen Brief auch mit „Unser Irrtum“ überschrieben hat. Geschickt auch, dass er den Irrtum kollektiviert, sich selber gar inkludiert, sich zum Teil des Problems macht und nicht zum advocatis diaboli. Denn „der Teufel hat sie’s zwar gelehrt, allein der Teufel kann’s nicht machen.“

Warum schreibt denn keiner worum es in Afghanistan wirklich geht? Dass wir „den Afghanen“ helfen müssen, ist wohl genau so wenig wahr, wie dass „die Amerikaner“ für den Weltfrieden sorgen.

Natürlich hat ihm die Kanzlerin nicht persönlich in einem offenen Brief ihrerseits geantwortet. Das übernahm Eckhard von Klaeden, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU – wiederum in DIE ZEIT.

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