Die neue Literatursendung „Die Vorleser“ im „Zweiten“ hatte gestern Abend Premiere. Amelie Fried und Ijoma Mangold präsentierten in einer halben Stunde so viel wie möglich Bücher. Da geriet die ausführlich Besprechung naturgemäß unter die Räder. Zudem noch Schauspieler Walter Sittler als Gast, der ebenfalls ein Buch (Erich Käster „Als ich ein kleiner Junge war“) vorstellen durfte.
Leider verbietet sich die Aussage, „die Moderatoren wirkten blass“, doch faktisch kommt das den Tatsachen schon sehr nahe. Die wenigen „Dialoge“ (von Diskussion wollen wie hier gar nicht sprechen) zwischen den beiden Moderatoren wirkten hölzern und beliebig, irgendwie inszeniert und ebenfalls stets unter Zeitdruck – die Regie wedelte bei jeder Überziehung eines Buch-Moduls im Sekundenbereich hinter den Kameras panisch mit den Händen. Wer ständig auf den Sekundenzeiger der Studiouhr schauen muss, kann als Moderator auch nicht richig zuhören, ein kritischer Diskurs kann so nicht entstehen. Weniger wäre mehr, aber da ist wohl der „Deutsche Buchhandel“ dahinter: So viel wie möglich Titel durchschieben, die Sommerferien stehen ja bevor.
Zum Schluss dann noch Mangolds atemlose Ralleye „Drei Bücher in drei Minuten“. Danach noch gemeinsamer Abspann, bei dem vom Bücherregal zurückeilende Mangold sich fast noch auf die Lesebrille der darob etwas indignierten Amelie Fried gesetzte hätte – welch Symbolik!
Nein, das war keine Qualität, das war reine Quantität. Der Unterhaltungswert tendierte gen Null, Amelie Fried selber wirkte nicht zufrieden in ihrem gestreiften Jacket, kein Wunder, passen doch Giovanni di Lorenzo und das Format „3 nach 9“ wesentlich besser zu ihr, entstehen da doch tatsächlich manchmal richtige Dialoge.
Nein, da hatte das „Literarische Quartett“, an dem Fried / Mangold sich leider auch messen lassen müssen, eine ganz andere Qualität. Da spielte Zeit scheinbar keine Rolle, wenn MRR mal so richtig in Fahrt kam. Und ob die Qualifikation von Amelie Fried bzw. Ijoma Mangold als Autor ausreicht, um auch eine Literatursendung zu moderieren, darüber dürfen andere urteilen. Ich meine, öffentlich-rechtliches TV hat trotz „Quote“ immer noch mehr Niveau als Privat-TV – und dem sollten beide gerecht werden oder es ganz schnell lassen.
Ich werde mir die zweite Ausgabe im September noch einmal anschauen. Danach zeigt der Daumen – wie einst im alten Rom – nach oben oder nach unten – doch zugegeben, ich ahne schon wie das ausgeht.
P.S.: Ich sehe gerade, dass das Literaturcafé zu einer ähnlichen Einschätzung kommt.