Das Netz als Feind

Was ich schon am 22. April im Z(w)eitgeist schrieb, findet im soeben erschienenen ZEIT-Beitrag (Zeit 22, vom 20. Mai 2009) von Adam Soboczyski unter dem Titel „Das Netz als Feind“ seinen journalistischen Niederschlag. Auszug:

„Der Abscheu, der sich im Internet über die letzten Bastionen sachkundiger
Meinungsbildung ergießt, hat unverkennbar revolutionären Anstrich: Die
in der Existenzkrise befindliche Zeitung ebenso wie ihr Pendant im Netz
seien veraltete Machwerke von Oligarchen; Foren, Blogs, selbst Plattformen
wie Pirate Bay, über die urheberrechtlich Geschütztes illegal bezogen werden
kann, hingegen verkörperten antiautoritäre Freiheit, Gegenöffentlichkeit
und seien damit moralisch veredelt. Der unterdrückte Underground fege
emanzipatorisch endlich das Establishment hinweg. Geschwindigkeit siege
über Behäbigkeit, Spontaneität über Professionalisierung, der Unvergütete
über den Honorierten.“
(…)
„Jedem, der wachen Auges durch das Internet streift, ist die antiintellektuelle
Hetze in den Kommentaren vertraut, die sich gegen angeblich Sperriges
richtet, gegen kühne Gedanken, gegen Bildung überhaupt.“
(…)
„Nun herrscht das Diktat der Mehrheit ausgerechnet
im Mantel des Demokratiezugewinns: Breite Teilhabe am gesellschaftlichen
Diskurs sei egalitär, ergo sei sie demokratisch.“

Ähnlich wie totalitäre Systeme den entfesselten Proleten auf den Rest der Menschheit losließen, bietet das Internet – neben seinen vielen segensreichen Möglichkeiten – auch eine willkommene Plattform für das Geblöke der Unerhörten, eben einmal mehr Masse statt Klasse.

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