In memoriam – Evelyn Hamann

Einige Jahre haben wir in den 80er Jahren unter dem gleichen Dach gelebt in der Bleicherstraße in Bremen. Evelyn bewohnte eine kleine Wohnung über mir, gleich in Rufweite des Bremer Theaters.

Die Nachricht von ihrem Tode hat mich getroffen.

Evelyn lebte in der Tat recht zurückgezogen, hat sich in all den Jahren nie „aufgedrängt“, immer ein freundlicher Gruß, ein Lächeln. Manchmal ein kurzes Gespräch. Bei den Feiern im Hause war sie selten dabei. Den engsten Kontakt hatte sie noch zu Günter, auf der gleichen Etage, der mit 45 Jahren partout noch das Klavierspiel erlernen wollte – „Rag Time“, schrecklich! Nie hat Eveyln gegen das Geklimper protestiert. Ich erfahre erst jetzt, dass sie selber als Tochter eines Konzertmeisters sehr gut Klavier spielen konnte.

Das war eben typisch Evelyn. Nie hat sie sich in etwas eingemischt. Die anderen lassen wie sie sind. Nie hat sie sich über irgend etwas beschwert, was ja schon mal sein kann, wenn „junge Leute“ das Haus bewohnen. Einmal gab es eine heftige Auseinandersetzung mit dem Hauseigentümer, einem dicken Hamburger Anwalt, der möglichst wenig in die alte Villa investieren wollte. Evelyn war dabei der ruhende, vermittelnde Pol. Scheinbar.

Da ich Zimmer direkt unter ihr bewohnte, ist mir nicht entgangen, wie verzweifelt (einsam?) sie sein konnte. Dann hörte ich laute, gellende Urschreie und heftiges Getrampel über mir. Nein, das war kein Sprech- oder Atemtraining.

Irgendwann sind wir dann nach und nach alle ausgezogen, weil der Anwalt sofort nach dem Tode seiner Schwiegermutter, die das Souterrain rauchend bis in ihre neunziger Lebensjahre bewohnte, die Villa versilbert hat. Evelyn ist dann nach Hamburg gegangen. Danach habe ich nicht mehr von ihr gehört. Ihre TV-Karriere begann erst danach richtig. Ich habe mich für sie gefreut, auch wenn ich ihre Serien nicht angeschaut habe.

So ist das wohl oft mit „komischen“ Charakteren und lachenden Clowns. Innen sieht das meist ganz anders aus. Nein, Evelyn war keine Frohnatur. Sie war eine ernsthafte hanseatische Person und eine sehr angenehme Mitbewohnerin. Dass über ihre Erkrankung nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist, passt einmal mehr ins Bild. Evelyn hatte eben Charakter, ohne jeden Zweifel.

Evelyn, es war schön, ein paar Jahre so unter Dir gelebt zu haben.

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